11. (Kat.Nr. 23)
Ulrich von Hutten: De Guaiaci Medicina Et Morbo
Gallico Liber Unus.
Mainz: Scheffer 1519. [44] Bl.; 4°.
Signatur: Li 4088
Der Humanist, Dichter und Publizist Ulrich
von Hutten (1488-1523) litt seit seinem zwanzigsten Lebensjahr
an der "Franzosenkrankheit", die man heute der als Syphilis
bezeichneten Krankheitsgruppe zuordnet. In einem persönlichen
Krankenbericht, der 1519 in lateinischer Sprache und im gleichen
Jahr in einer deutschen Übersetzung von dem Elsässer
Humanist Thomas Murner (1475-1537) im Druck erschien, beschrieb
er sehr detailliert und stellenweise beinahe nüchtern, dann
wieder drastisch und emotional den Verlauf seiner Erkrankung sowie
die leidvollen Erfahrungen mit diversen medizinischen Behandlungen.
Er betonte, daß ihm am Herzen liege, "was immer ich
an mir selber oder von anderen gehört habe, ganz genau aufzuschreiben"
(S. 281) [1]. Er konnte
präzise das sukzessive Auftreten verschiedener Geschwüre,
Knoten, Schwellungen in der Haut darstellen, angefangen "in
der Mitte des Schienbeins, wo das Fleisch am dünnsten über
dem Knochen liegt", wo sich "entzündete, faulige,
ungemein schmerzhafte Geschwüre" bildeten, bis zu einer
"schmerzhaften, eiternden Öffnung" am Hinterkopf.
"Mit so großer Gefahr, so schrecklichen Martern"
habe er elf Behandlungen ertragen: er wurde "mit Bädern
behandelt, mit Kräutern und Tränken ernährt und
an den Geschwüren geäzt. Dazu nahm man Arsenik, Kupfervitriol,
essigsaures Kupfer, [...] Salpetersäure. Die Anwendungen
taten so entsetzlich weh, daß ich meine man muß schon
sehr am Leben hängen, um nicht lieber sterben zu wollen,
als so zu leben" (215f.). Trotz größter Verzweiflung
solle man jedoch die Hoffnung nie verlieren, preist Hutten die
"wie vom Himmel kommende Wirkung des Guajak" (S. 281).
Er beschreibt die Zubereitung der Medizin und die Durchführung
der Therapie detailliert (Kap.7ff.): Das zu einem feinen Pulver
geraspelte Holz wurde nach mehreren Auskochungen dem Kranken als
heißer Trank verabreicht. Bei gleichzeitiger Diät und
starkem Schwitzen soll der Guajaktrank kurmäßig angewendet
werden. Die Wirkungsweise erklärte man im Sinne der gültigen
Humorallehre mit der warmen und trockenen Natur des Holzes, was
Krankheiten wie die Syphilis, die als kalt und feucht beschrieben
wurden, kurieren sollte. Aufgrund seiner Inhaltsstoffe (Phytosterole,
Triterpensaponine) wird das Guajakholz heute noch als desinfizierendes,
fiebersenkendes und schleimlösendes Mittel verwendet.
Aufgeschlagen: Titelblatt.
[1]
Die Zitate nach der deutschen Übertragung von Martin Treu:
Ulrich von Hutten: Die Schule des Tyrannen. Lateinische Schriften,
hrsg. von Martin Treu, Darmstadt 1997, S. 207-295.