Leben und Werk des Andreas Bodenstein von Karlstadt (1485-1541) spiegeln die kultur- und religionsgeschichtlichen Umbrüche der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts wider. Ausgebildet in Erfurt und Köln an Lehrstätten des Thomismus, bezieht der junge Karlstadt bald scotistische und humanistische Elemente in seine Wissenschaft ein und arbeitet an einer Verbindung von Theologie und juristischer Methode. Unter Luthers Einfluss von der augustinischen Gnadentheologie beeindruckt, wurde er zum engsten Weggefährten des Reformators. Die während Luthers Abwesenheit von Karlstadt vorangetriebene Wittenberger Reformation stieß aber auf Widerstände und führte zum Bruch zwischen beiden. Karlstadt versuchte sich in der Folge als Bauer und Laienprediger in Thüringen, hatte Kontakte zu Thomas Müntzer, lehnte Hierarchien ab und gab seinen Doktortitel preis. Über verschiedene Stationen fand er Anstellungen als Prediger in Zürich, am Ende gar als Professor in Basel. Karlstadt entwickelte eine eigene Theologie, die sich hinsichtlich der Gnaden- und Abendmahlslehre wie der Ekklesiologie von den Positionen Luthers signifikant unterscheidet.

Ziel des Projektes ist eine Werkausgabe aller Schriften und Briefe Karlstadts. Projektleiter ist Thomas Kaufmann, Professor für Kirchengeschichte in Göttingen, angesiedelt ist das Projekt seit Oktober 2015 an der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen. Die beiden ersten Projektabschnitte mit insgesamt 172 Editionseinheiten (Traktate, Flugschriften, Flugblätter, Thesenreihen, die Leipziger Disputation mit Johann Eck, Anmerkungen, Briefe, Gedichte, Widmungen, Verschollenes) liegen sowohl online als auch im Druck (in drei Bänden) vor. Der dritte, laufende Projektabschnitt umfasst 114 Editionseinheiten zwischen 1521 und 1524. In diese Zeit fallen die entscheidenden Texte, die zur Scheidung von der Wittenberger Theologie Luther’scher Prägung führten – wobei Karlstadt die in der frühen Reformation gemeinsam entwickelten Ansätze ekklesiologischer und eucharistietheologischer Vorstellungen ausarbeitete. Zu diesen Schriften gehören Karlstadts berühmter Traktat über die Abtuung der Bilder, Thesen und Überlegungen zu Messe, Zölibat und Heirat, die Abendmahlsschriften und das bekannte Jenaer Gespräch mit Luther. Unter den Briefen fällt die Korrespondenz mit Thomas Müntzer auf. Die Edition geschieht auf der Grundlage von TEI-P5. Die Veröffentlichung erfolgt online und im Druck, wobei die Vorteile der jeweiligen Medienformen zur Geltung kommen sollen.

Weitere Informationen finden Sie in Form der digitalen Edition (im Aufbau) sowie auf der Website zum Projekt (engl.).

In Kooperation mit der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen, Herrn Prof. Dr. Thomas Kaufmann

PURL: http://diglib.hab.de/?link=050

Finanzierung: Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG)
Laufzeit: April 2012 – September 2025
Projektbeteiligte: Dr. Stefania Salvadori (Bearbeiterin), Moritz Laeger (wiss. Mitarbeiter DH), Rebecca Sperl (SHK),  Dr. Harald Bollbuck (Bearbeiter, Göttingen), Dr. Alejandro Zorzin (Bearbeiter, Göttingen)