Das 18. Jahrhundert stellt eine Blütezeit innovativer Buchgestaltung dar. In dieser Zeit erschienen, verglichen mit früheren Jahrhunderten, eine bedeutend größere Anzahl von Ausgaben literarischer Texte deutscher und ausländischer Literatur, die mit Kupfern ausgestattet wurden. In einer vorher nicht vorhandenen Vielfalt machten sie textuelle Momente „sichtbar“.
Aufgezeigt wird die Bedeutung von literarischen Buchillustrationen als vermarktungs- und rezeptionsfördernde Medien, die den Text verbildlichen, indem ausgesuchte Textstellen, Szenen und Charaktere visuell dargestellt werden. Als verdeutlichende Beispiele dienen sowohl internationale Bestseller (wie zum Beispiel Daniel Defoes Robinson Crusoe, James Thomsons Jahreszeiten und Salomon Gessners Idyllen und Der Tod Abels) als auch populäre Texte und deren illustrierte Ausgaben im deutschsprachigen Raum des 18. Jahrhunderts.
Buchillustrationen ermöglichten dem Bürgertum und der sozialen Oberschicht, aber auch Kindern, eine intermediale Leseweise von literarischen Texten, bei der die Kupfer als integrale Elemente des Textverständnisses konzipiert waren. So waren Illustrationen zwar als verschönernde, „artige“ Zusätze des Buchschmucks gedacht. Ihre paratextuelle Funktion umfasste jedoch auch ein interpretatorisches Verhältnis mit dem Text, das als Teil des Leseprozesses entschlüsselt werden musste.
Käufer literarischer Ausgaben wurden mit der Formenvielfalt von Illustrationen konfrontiert, die von kleinformatigen Vignetten bis hin zum ganzseitigen Kupferstich reichte. Buchillustrationen konnten als Frontispize, über den typographischen Text verteilt, als Kopf- oder Schlussstücke oder auf dem Titelblatt erscheinen. Sie trugen zur Rahmung sowie der Herausstellung von bestimmten Bedeutungsinhalten bei.
Buchillustrationen reflektierten auch Wandlungen, die im Bereich der visuellen Kultur nicht nur im deutschen Kulturraum, sondern auch in Frankreich und Großbritannien stattfanden. So werden Verbindungen, die den Einfluss ausländischer Buchillustrationen im deutschen Kulturraum ersichtlich machen, aufgezeigt.
Die Ausstellung gab einen Einblick in die transnationale Dynamik der literarischen Buchillustration und ermöglichte ein Verständnis der unterschiedlichen Art, in der verschiedene Kulturnationen dieselben Texte illustrieren. Drei bedeutende Illustratoren wurden neben anderen Künstlern und Stechern vorgestellt: G. L. Crusius, Salomon Gessner und Daniel Chodowiecki, die in verschiedenster Weise Entwicklungen in den Repräsentationsmoden anderer Nationen in ihren eigenen Werken umarbeiteten und somit für ein deutschsprachiges Lesepublikum zugänglich machten.
Am 16. März und am 20. April 2018 ging Sandro Jung in Sonderführungen auf die deutsche Illustrationskunst ein und setzte diese in Verbindung mit Ausgaben von Dichtung und Romanen aus England und Frankreich. Jung war zu diesem Zeitpunkt Professor an der Universität Edinburgh und Stipendiat der Herzog August Bibliothek.
Zur Ausstellung ist in der Reihe Wolfenbütteler Hefte der Katalog (ein Begleitheft) „Kleine artige Kupfer. Buchillustration im 18. Jahrhundert“ , von Sandro Jung, 150 Seiten mit 92 Abbildungen, 16,80 Euro, ISBN: 978-3-477-10931-4 erschienen.