herausgegeben von Thomas Haye und Johannes Helmrath
unter Mitwirkung von Ulrike Michalczik
Wolfenbütteler Mittelalter-Studien Bd. 25
2014. 272 S. mit 29 s/w-Abb.
ISBN: 978-3-447-10255-1
Preis: € 62,-
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Wie hat man im Mittelalter über Codices gedacht und gesprochen? Der Band widmet sich der Handschriftenkultur des Mittelalters, ihrer Materialität und kodikalen Praxis, ihren signifikanten Unterschieden zur Welt des gedruckten Buchs. Aus einer Tagung des Mittelalter-Komitees der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel entstanden und herausgegeben von Johannes Helmrath und Thomas Haye, versammelt er Beiträge renommierter Historiker, Literatur- und Sprachwissenschaftler. Zentral ist der Begriff der Kodikalität: Er umfasst erstens das Materielle, den Körper des Codex mit seinen visuellen und haptischen Aspekten, zweitens das Auratische, sakral aufgeladene Magische, drittens die hermeneutische und geltungsrelevante Dimension der Texte. In den Beiträgen des Sammelbands werden subtile Diskursfelder wie etwa die Besitzvermerke, Glossen und Kolophone erschlossen und für einen europäischen Überblick („Büchergeschichten“) genutzt, wobei auch Herstellungsformen des Codex sowie die Geschichte der wissenschaftlichen Kodikologie betrachtet werden. Handschriften mit literarischen (Minnesang im Codex Manesse) und prophetisch mystischen Texten und ihren existenziellen und metaphorischen Bucherfahrungen (Johannes-Apokalypse, Hildegard von Bingen, Mechthild von Magdeburg) werden neben Codices der pragmatischen Schriftlichkeit, des Verwaltungsschriftguts von Städten (Regensburger Stadtbücher) und Universitäten untersucht. Bei den Renaissance-Humanisten nimmt das Sprechen über Codices zu, mit denen man Intimität bis zum Fetischismus zelebrierte (Petrarca, Benedetto da Piglio). Dies findet auch in der Rede und Zitierkultur humanistischer Universitätslehrer ihren kodikalen Niederschlag (Konrad Odernheim in Freiburg). Der Band leistet einen wesentlichen Beitrag zur Kenntnis der Schriftkultur des Mittelalters und der Renaissance.