
Pergament. 209 Blatt.
27 x 16 cm. Lothringen? 1. Hälfte des 9. Jahrhunderts
Codex Guelferbytanus 61 Weissenburgensis, 97v-98r
Alte Klostersignatur: .D. [ Texte des Neuen Testaments]
Ein Evangeliar enthält für
den Meßdienst die vier Evangelien in einem Buch. Als Träger
der göttlichen Botschaft wurde es verehrt, daher besonders sorgfältig
geschrieben, reich verziert und illuminiert.
Aufgeschlagen ist der Beginn des Lukasevangeliums, mit welchem in
dieser Ausstellung die Gruppe der neutestamentlichen Handschriften
eingeleitet wird. Auf der rechten Seite (Folio
98r) ist ein im Vergleich zur übrigen Schrift deutlich vergrößertes
Q zu sehen, eine Initiale, also ein zu Anfang eines Werkes, eines
Kapitels oder Abschnittes stehender vergrößerter und häufig
auch verzierter Buchstabe. Eingeführt wurden Initialen im 6.
Jahrhundert zur besseren Übersichtlichkeit der Texte, wobei bald
auch ihre ästhetische Wirkung Beachtung fand.
Die hier vorliegende Initiale Q beeindruckte durch die ornamentale
Gestaltung. Vor allem die sich zapfenartig durchdringenden Vogelköpfe
jeweils an den Eckpunkten des Buchstabens sind überaus bewegt.
Sie bilden mit dem Balkenstück und seinen Flechtbandfeldern einen
wohlgeformten Körper, der vom Einfluß irischer und angelsächsischer
Buchmalerei zeugt, man spricht von einem insularen Einfluß.
Um ein besonders schönes Schriftbild zu erreichen, hat der Schreiber
die sog. Kapitalis quadrata gewählt, eine von den Römern
entwickelte Großbuchstabenschrift, bei der alle Buchstaben einen
annähernd quadratischen Raum ausfüllen.
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