Handschriften, so viel scheint klar zu sein, sind mit der Hand geschriebene Bücher. Was im europäischen Mittelalter den Normalfall der Veröffentlichung und Überlieferung darstellt, wird erst mit der Erfindung der typographischen Text(re)produktion, in verschiedenster Weise auffällig. Man könnte insofern behaupten, nicht die Erfindung des Buchdrucks, sondern die Emergenz der Handschrift sei ein Signum der Neuzeit. Die (weitgehend unerschlossene) Masse neuzeitlicher Handschriften übersteigt die Quantität der mittelalterlichen um das Drei- bis Vierfache. Damit ist die Frage „Was ist eine Handschrift?“ noch einmal neu zu stellen.
Der pragmatische Hintergrund dieser Frage ist auch, dass wir derzeit „Handschrift“ neu konzeptualisieren müssen, um die Nachhaltigkeit neu entstehender Nachweisinstrumente intellektuell abzusichern. Impulse und Herausforderungen für die herkömmliche Erschließung unserer Bestände sind u.a. die Digitalisierung, der Material Turn oder die Fragwürdigkeit traditioneller Epochenbegriffe und -grenzen. Dabei geht es erst einmal nicht um neue Regelwerke, sondern darum, die Handschrift überhaupt als sozialpragmatisches Medium, das im Übergang vom Mittelalter zur Neuzeit einen Funktionswandel erlebt, zu begreifen.
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(Bildunterschrift: „Allerhand geschribener Sachen“, Cod. Guelf. 406 Novi der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel)